Mittwoch, 30. Juli 2014

Blau ist keine warme Farbe

Wenn du hier sofort mit mehrheitsfähigen Softpornos ankommst, kann man sich ruhig auch mal über die damit einhergehende künstliche Aufregung unterhalten. Doms und Subs muss ich da leider außen vor lassen. Und lieber überspringe ich das Trailer-Bashing von Fifty Shades of Meh auch gleich ganz, bevor das hier in eine Feminismusdiskussion über seelenlose weibliche Charaktere und attraktive, machthungrige Arschlöcher ohne Menschlichkeit ausartet. Deshalb jetzt ein gemeinsamer Blick auf den Lesben-Aufreger-Film und Cannes-Liebling vom vergangenen Jahr: Blau ist eine warme Farbe.


Dich als Comic-Enthusiast wird es vielleicht interessieren, dass es sich auch um die erste Verfilmung einer Graphic Novel handelt, die auch bei größeren Filmfestivals angekommen ist. Goldene Palme, Kritikerpreis der FIPRESCI, etc. In dem Film trifft jedenfalls das Oberstufen-Mädchen Adèle im Verlauf von Beziehungsschwierigkeiten auf die Kunst-Studentin Emma, deren Ansichten und Selbstbewusstsein sie maßgeblich prägen. Die Kontaktaufnahme intensiviert sich und die beiden beginnen ein sexuelles Verhältnis. Trotz der engen Bindung wird die Beziehung über die Jahre immer komplizierter, weil sich Emma auf ihre Arbeit als Grafikerin konzentriert und Adèle zunehmend mit ihrer Einsamkeit zu kämpfen hat. Beide ringen mit den Problemen der Selbstfindung.

Bild titelt irgendwas von 12 Minuten Sex am Stück und redet davon, dass sich alle aufregen. Die FAZ macht daraus eine "einzige Sauerei", verteidigt den Film dann aber doch gegen "Kleingeisterei". Und ich muss gestehen, ich bin von all dem extrem gelangweilt. Nicht weil mir der Film nicht gefallen hätte, aber er zieht diese Beziehungsgeschichte eben ins Unermessliche. Und so sehr ich ruhige Filme schätze, gerade im Mittelteil entsteht ein Loch, in dem es wenig gibt, was mich mitreißt. Und der Film unterscheidet sich auch generell wenig von anderen Beziehungsdramen. Also.

Achso, genau, da waren ja noch die anderen Sachen: unzumutbare Arbeitsbedingungen unter einem wahnsinnigen Regisseur, der Minderjährige zu sexuellen Handlungen drängt. Achso und vor allem Lesbensex. Deshalb wurde der Film gehypt und deshalb regen sich die meisten auch über ihn auf. Oder sowas in der Richtung. Aber hier läuft man in eine Falle, denn der Sex ist es jedenfalls nicht, der den Film gut macht. Allerdings werden viele Leute den Film nur aus diesem Grund schauen, weil ihnen Pornoseiten anscheinend zu oberflächlich sind. Und für mich ist das so unverständlich. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Lesbensex als etwas Kontroverses gilt, was möglicherweise sogar ein filmisches Tabu anspricht, sodass man damit dann berühmt wird. Was für ein Mist!

Was den Film nämlich eigentlich sehenswert macht, ist die Analyse einer Jugendlichen, die sich ihrer Interessen zwar bewusst ist, aber ihre Erfahrungen erst noch machen muss. Oder etwas weniger aber immer noch interessant: seine Auseinandersetzung mit der Einsamkeit beim Erwachsenwerden. Es ist ziemlich spannend, Adèles Entwicklung zu beobachten, obwohl ich manchmal geistig ausgeschaltet habe, während sich der Film wieder mal in einem seiner ruhigeren Momente verliert.

Nun, der Film ist ein okayes Beziehungsdrama, das einige Ambitionen als Charakterstudie besitzt, aber letztendlich keine Erfahrungen bietet, die ihn herausstechen lassen. Wer ein ruhiges Drama haben möchte, das sich mit Sexualität und dem Leben an sich auseinandersetzt, dem empfehle ich eher noch "Die große Schönheit". In seiner Ruhe wesentlich überzeugender. Trotzdem besitzt der Film seine Momente. Nur schaut ihn euch nicht an, weil ihr Lesbensex erwartet! Das passiert zwar und man kann sich auch nicht beschweren, aber verdammt nochmal, es gibt wesentlich bedeutendere Elemente, die einen Film ausmachen können.

Montag, 28. Juli 2014

Bondage an Bushaltestellen

Heute kam der erste Trailer zur anstehenden Verfilmung des Bestsellers  50 Shades of Grey raus und damit wir hier erst einmal alle auf einen Standpunkt kommen, schauen wir ihn uns am besten an.


Stellen wir ein paar Sachen klar: Ich habe bis zum heutigen Tag keine einzige Seite der "Shades of  Grey"-Trilogie gelesen und habe es auch nicht wirklich vor. Aber ich lese andere Sachen, auch gerne auf Tumblr, wo ich ursprünglich wegen den lustigen Gifs kam und dann aber doch wegen den feministischen und politischen Texten blieb. In Berührung mit diesen Büchern bin ich eigentlich nur in öffentlichen Verkehrsmitteln gekommen, wenn mir Frauen unterschiedlichsten Alters gegenüber saßen, die eben dieses Buch interessiert lasen. Wir in Deutschland hatten ja schon einmal so einen ähnlichen Fall. Da hieß das Büchlein noch Feuchtgebiete und für ein paar lange Wochen hielt diese Geschichte eines jungen Mädchens, dass in aller Ausführlichkeit ihren Körper erkundet und erklärt von Charlotte Roche Feuilleton und Co. in Atem.
Nun also Graustufen und eine ähnliche Aufregungswelle. Und je mehr darüber liest, desto mehr hat man den Eindruck, dass dieser Bestseller der BDSM-Szene so gerecht wird, wie Twilight dem gesamten Vampirmythos. Apropos: Fifty Shades of Grey ist ja eigentlich nicht mehr, als eine aus der Kontrolle geratene Fanfiction von Bella und Edward. Kein Scheiß.

Okay, worauf will ich eigentlich hinaus. So richtig weiß ich das selber nicht. Im Grunde finde ich nur den Gedanken spannend, wieviele Pärchen in diesen Film gehen werden, sich dann mal bei Orion Plüschhandschellen kaufen werden, dann ab und zu Sex mit denen und einer Augenbinde haben und dann stolz im Freundeskreis erzählen, dass sie privat ja gerade so eine Sadomaso-Phase haben. Bis dann mal einer vom Fach was von Doms und Subs und Kathetern in der Harnblase erzählt. Und leider ist die ganze Sache nicht ungefährlich. Ähnlich wie bei dem Glitzvampir wird hier eine ungesunde Beziehungsform der Abhängigkeit und der Unterdrückung romantisiert, die unsichereren Leuten ein falsches Bild von Liebe geben kann.

Aber Henry, sag du mal, wie stehts bei dir mit Doms und Subs und was liest du so, wenn du in Zügen unterwegs bist?